Immer mehr Landwirte müssen sich mit Herbizidresistenzen auf ihren Anbauflächen auseinandersetzen. Welche Möglichkeiten gibt es, ohne Einsatz von Herbiziden den Ackerfuchsschwanz zurückzudrängen? Dies keine Frage, die generell und einfach beantwortet werden kann. Warum, werden wir Ihnen in diesem Artikel erklären.
Die Herbizidresistenz ist eine natürliche Anpassungsstrategie. Nur die stärksten Pflanzen, die eine Herbizidbehandlung überleben, haben auch die Möglichkeit, sich fortzupflanzen. In diesem speziellen Fall ist der natürliche Feind des Unkrauts das Herbizid. Pflanzen, die keine Herbizidresistenz aufweisen, können eine Behandlung nicht überleben. Es entsteht ein natürliches Ausleseverfahren, mit dem die Natur sich gegen alle äußeren Einwirkungen wehren kann.
Jede Anbaufläche stellt dabei ein eigenes Mikrosystem dar, in dem sich unterschiedliche Resistenzen bilden können. Die Unkräuter können verschiedene Resistenzen gegen verschiedene Herbizide aufbauen und dies auch in unterschiedlichen Ausprägungen. Deshalb müssen die entsprechenden Resistenzsituationen klassifiziert werden, bevor wir Landwirten Handlungsoptionen zur Verfügung stellen können. Es ist nur möglich, praktische Alternativen anzubieten, wenn der Resistenztyp einwandfrei identifiziert wurde.
Die verschiedenen Resistenztypen die bei Ackerfuchsschwanz im Agris42-Monitoring 2019&2020 identifiziert wurden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass sich eine Herbizidresistenz nicht wieder zurückbilden wird – auch dann, wenn der Landwirt über Jahre hinaus keine Herbizide mehr verwendet und der Vorteil der herbizidresistenten Pflanzen nicht mehr besteht. Die herbizidresistenten Pflanzen werden sich auch weiterhin fortpflanzen. Ihr Vorteil, resistent zu sein, erweist sich in diesem Fall nicht als nachträglich für die Fortpflanzung und spielt bei der natürlichen Aussortierung keine Rolle mehr. Wenn der Landwirt wieder Herbizide einsetzt, haben sie ihre Resistenz nicht verloren. Es gibt dadurch auch keine Möglichkeit, eine Herbizidresistenz auf den Feldern wieder rückgängig zu machen.
Wenn der genaue Resistenztyp festgestellt wurde, können gezielte chemische Maßnahmen ergriffen werden. Dadurch kann verhindert werden, dass die Selektion der resistenten Unkräuter beschleunigt wird. Der Landwirt kann dadurch noch länger profitablen Ackerbau betreiben. Mit den Ergebnissen aus dem Resistenztest können die Kulturen identifiziert werden, für die noch Bekämpfungsmöglichkeiten der entsprechenden Unkräuter bestehen. Abseits der chemischen Bekämpfungsmaßnahmen bieten sich aber noch weitere, nicht-chemische Möglichkeiten an, den Ackerfuchsschwanz zu bekämpfen. Diese sollten für einen langfristigen erfolgreichen Ackerbau unbedingt berücksichtigt werden.
Nicht-chemische Maßnahmen bei der Bekämpfung von herbizidresistentem Ackerfuchsschwanz
Da aktuell noch keine Möglichkeiten existieren, um Herbizidresistenzen abzubauen, müssen nicht-chemische Möglichkeiten genutzt werden. Dadurch kann die Anzahl der Samen der Unkräuter im Boden reduziert werden.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Anzahl der keimenden Pflanzen zu beeinflussen. Dadurch kann das Wachstum der Ungräser beeinflusst werden. Die nicht-chemischen Maßnahmen wirken sich auf den Befall von resistenten und sensitiven Unkräutern im gleichen Ausmaß aus. Ziel der Maßnahmen ist es in jedem Fall, sich die Biologie des Ackerfuchsschwanzes zunutze zu machen.
In der folgenden Tabelle werden die nicht-chemischen Maßnahmen und deren Wirkung auf den Ackerfuchsschwanz dargestellt. Diese Messergebnisse wurden durch die Auswertung von vielen Einzelversuchen in England erhoben (Quelle: Lutmann et al. 2013).
Tabelle: Übersicht über die wichtigsten Maßnahmen und deren Reduzierungspotential auf die Ackerfuchsschwanzpopulation nach Lutmann 2013
Methode |
Anzahl der Feldversuche |
Erreichte Reduktion in % | |
Mittelwert | Bereich | ||
Pflügen | 25 | 69% | -82% bis +95% |
Verzögerte Aussaat im Herbst | 19 | 50% | -71% bis +97% |
Höhere Saatgutmengen | 16 | 26% | +7% bis +63% |
Konkurrenzfähige Sorten | 5 | 22% | +8% bis +45% |
Sommerungen | 5 | 88% | +78% bis +96% |
Brachland/Grünland | – | 70%-80%/Jahr (des Samenbestands) |
1. Pflugeinsatz
Durch eine wendende Bodenbearbeitung soll erreicht werden, dass die Unkrautsamen im Boden verrotten. Die obere Bodenschicht wird untergepflügt und der Landwirt kann die fast ungräserfreie obere Bodenschicht bearbeiten.
Studien haben gezeigt, dass bis zu 90% der Samen innerhalb von 5 Jahren verrotten. Da aber in einem Quadratmeter Acker bis zu 50.000 Samen nachgewiesen werden können, können auch die 10% verbleibenden Samen noch zu einem hohen Ackerfuchsschwanzbefall führen. Trotzdem kann durch regelmäßiges Pflügen, alle 3-5 Jahre, ein deutlich positiver Effekt auf die Ackerfuchsschwanzpopulation erzielt werden.
2. Verschiebung des Saatzeitpunkts
Die meisten Ungräser des Getreides sind Herbstkeimer und keimen nur zu einem geringen Teil im Frühjahr. Der Ackerfuchsschwanz keimt zu 80% im Herbst und nur zu 20% im Frühjahr.
Landwirte können diesen Umstand nutzen und die Aussaat im Herbst möglichst lange hinauszögern. Desto länger die Aussaat hinausgezögert werden kann, desto geringer ist der Ackerfuchsschwanzdruck. Eine spätere Aussaat im Herbst kann die Anzahl der keimenden Samen durchschnittlich um 50% reduzieren. Bei 19 Versuchen wurden Erfolgsraten von -71% bis +97% erzielt. Das zeigt, dass der Effekt nicht in jedem Jahr gleich groß ist und bei schlecht etablierten Kulturen auch durchaus einmal negativ sein kann. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass Kulturen, die sich im Herbst nicht mehr ordentlich entwickeln können eine zu geringe Konkurrenzkraft aufweisen.
Eine späte Aussaat bietet auch die Möglichkeit, mit Bodenbearbeitungsmaßnahmen oder Glyphosat dem Befall von Ackerfuchsschwanz entgegenzuwirken.
3. Sommerungen nutzen
Da Ackerfuchsschwanz im Herbst keimt, können Landwirte vermehrt Sommerungen nutzen. Sie bieten die Möglichkeit, die Unkräuter vor der Aussaat mit Bodenbearbeitungsmaßnahmen oder Glyphosat zu bekämpfen
Diese Möglichkeit ist allerdings mit Schwierigkeiten verbunden. Auf Problemflächen stehen teilweise einige Wirkstoffe nicht mehr zur Verfügung, die für einen erfolgreichen Anbau wichtig sind. Dies trifft zum Beispiel zu, wenn Sommergerste angebaut werden soll und die Unkräuter schon eine ACCase-Resistenz aufweisen. Trotzdem zeigt sich durch den Einbau von Sommerungen, dass der Besatz mit Ackerfuchsschwanz durchschnittlich um 88% geringer ausfiel. Je später die Aussaat erfolgt (bspw. Mais) umso größer der Effekt, allerdings sollte man sich auch immer Gedanken darüber machen, welche Wirkstoffe noch zur Verfügung stehen und wie man diese sinnvoll in der Fruchtfolge rotiert.
4. Brache/Ackerfutter
Ein gutes Reduzierungspotenzial kann erzielt werden, wenn die Anbauflächen brach gelassen oder mit Ackerfutter bestellt werden. Trotzdem kann nicht damit gerechnet werden, dass die einmal aufgebaute Resistenz wieder vermindert werden kann, auch wenn die Anbauflächen über Jahre hinaus brach liegen gelassen werden. Es wird lediglich die Anzahl der Samen im Boden reduziert, jedoch nicht der Resistenzgrad beeinflusst. Das Reduzierungspotential wird auf 70%-80% der Samen jährlich geschätzt. Man kann aber davon ausgehen, dass bei einer geschätzten Ausgangspopulation von 10-20.000Samen/qm und einer Reduzierungsrate von 80% jährlich nach 4 Jahren noch etwa 80-160Samen/qm übrig sind.
Bei der Auswertung der Ergebnisse von Anbauflächen, die mit Kleegras brach liegen gelassen wurden, konnten folgende Ergebnisse erzielt werden.
Entwicklung der Samenbank in Abhängigkeit der Kultur bei resistentem Ackerfuchsschwanz. Das Resitenzniveau (Rote Zahlen) bleibt von den Maßnahmen unbeeinflusst, lediglich die Samenzahl kann zurückgedrängt werden (grüne Zahl).
5. Konkurrenzfähige Sorten und höhere Aussaatstärken
Mit konkurrenzkräftigeren Sorten können bessere Ergebnisse erzielt werden. Der Bestand an Ackerfuchsschwanz kann durch höhere Aussaatmengen zurückgedrängt werden, aber im besten Falls nur um etwa 65%. Dieser Effekt wird sich nicht konstant in allen Jahren erzielen lassen und unterliegt großen Schwankungen. Er beruht wahrscheinlich auf einer Reduzierung der Anzahl der Triebe beim Ackerfuchsschwanz, sodass dieser nicht so stark bestockt. Allerdings ist die Aussagekraft der vorliegenden Daten begrenzt, denn in die Analyse sind Aussaatstärken zwischen 100-300 Körner/qm eingeflossen und zwischen diesen beiden Extremen ist natürlicherweise ein Effekt zu erwarten. Auch der Reduzierungseffekt bei den Sorten ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass weniger Ähren beim Ackerfuchsschwanz beobachtet werden. Konkurrenzkräftige Sorten, die meist den Boden etwas besser bedecken und dadurch dem Ackerfuchsschwanz das Licht nehmen, sorgen somit dafür, dass weniger Bestockung beim Ackerfuchsschwanz stattfindet.
Es muss aber klargestellt werden, dass resistenzvorbeugende Maßnahmen in den meisten Fällen effektiver sind als die Bekämpfung eines resistenten Bestands mit nachträglichen Maßnahmen. Wenn der Einsatz der Herbizide nicht mehr effektiv ist, haben Sie keine Korrekturmöglichkeit in der Kultur mehr. Bleiben die Effekte der nicht-chemischen Maßnahmen aus, haben Sie keine Möglichkeit mehr, noch einzugreifen.
Quellen:
1) Lutman et.al 2014, A review of the effects of crop agronomy on the management of Alopecurus myosuroides, Weed Research,DOI: 10.1111/wre.12024
2) Herrmann,J 2016, Analysis of the spatial and temporal dynamics of herbicide resistance to ACCase- and ALS-Inhibitors in Alopecurus myosuroides Huds. and their causes, Dissertation an der TU Braunschweig, 2016